Reflexe und Verhaltensformen

In der Verhaltenspsychologie ist immer wieder die Rede von Reflexen und Verhaltensformen. Diese beiden Begriffe beschreiben zwei unterschiedliche Dinge und haben doch sehr viel gemeinsam. Reflexe wie auch Verhaltensformen sind feste Verbindungen zwischen Reiz und Reaktion.

Der Unterschied zwischen angeborenen und erworbenen Reflexen

Aus psychologischer Sicht kann zwischen angeborenen und erworbenen Reflexen unterschieden werden. Bei den angeborenen Reflexen handelt es sich beispielsweise um den Lidreflex, Saugreflex oder Kniesehnenreflex. Diese Reflexe sind automatisiert und für die Funktionalität des Körpers und der Psyche wichtig. Sie gehören zur Grundausstattung des Menschen und sind in den meisten Fällen unveränderlich.

Aber auch erworbene Reflexe sind aus der Sicht der Verhaltenspsychologie Verhaltensäußerungen, welche auf einen bestimmten Stimulus folgen. Hierbei kann es sich um mehr oder weniger komplexe Reflexe handeln. Wenn einem beispielsweise beim Hören von Besteckklimpern das Wasser im Munde zusammenläuft und man den Genuss der Nahrungsaufnahme im Geist vorwegerlebt, handelt es sich um einen erworbenen Reflex. Aber auch das automatisch richtige Aufsagen des Einmaleins kann als erworbener Reflex komplexerer Art angesehen werden.

Erworbene Reflexe finden sich aber auch unter den motorischen und emotionalen Verhaltensweisen wieder. Als Beispiel für einen erworbenen motorischen Reflex kann das automatisch funktionierende Zusammensetzen des Gewehrs eines Soldaten genannt werden. Ein immer wiederkehrender Wutausbruch in bestimmten Situationen kann dahingegen als erworbener emotionaler Reflex angesehen werden.

Die Entstehung von Verhaltensformen

Im Unterschied zu den Reflexen, welche von automatischer Art sind, stellen Verhaltensformen eine Tendenz zu einem bestimmten Verhalten dar. Reflexe sind starr und einseitig gerichtet, Verhaltensformen hingegen sind operativ und von interaktiver Art. Obwohl es sich hier ebenfalls um Verbindungen zwischen Reizen und Reaktionen handelt, haben außerdem nachträgliche Stimuli aus der Umwelt Relevanz. Es handelt sich also bei der Verhaltensform nicht so sehr um eine Reaktion auf einen bestimmten Reiz, sondern vielmehr um eine operative Verhaltensart, welche durch nachträgliche Reaktionen der Umwelt geprägt und verstärkz ist.

In der Verhaltenspsychologie werden Verhaltensformen aber auch als Fähigkeiten angesehen, welche durch vorausgegangene Erfahrungen geformt werden. In dieser Annahme spiegelt sich auch die Flexibilität des Verhaltens wider. Verhaltensformen sind also Fähigkeiten und keine Fertigkeiten. Sie weisen eine allgemeine Tendenz des Verhaltens auf und sind trotzdem auch veränderbar. Verhaltensformen waren nicht immer so, wie sie unter Beobachtung erscheinen, sondern weisen eine bestimmte Lerngeschichte auf. Verhaltensformen wurden durch bestimmte Verstärker geformt oder durch Nicht-Verstärker eliminiert.

Entsprechend der Unterscheidungen zwischen Reflexen und Verhaltensformen, können auch die Vorgänge unterschieden werden, welche für deren Zustandekommen verantwortlich sind: das klassische und operative Konditionieren.